Das fliegende Museum von Mölln

„Als die GÖ-4 vor zwei Jahren in Ratzeburg ankam, glich sie einer Kartoffelkiste mit Flügeln“, sagt „JuBi“-Werkstattleiter Jochen Gräbel. Die Rede ist von einem der ältesten Segelschulflugzeuge der Welt. Nur noch fünf Modelle fliegen davon weltweit. Die GÖ-4 aus Ratzeburg war bei einer Bruchlandung schwer beschädigt worden. In der Produktionsschule „JuBi“ in Ratzeburg haben Jugendliche die tollkühne Kiste grundüberholt. In der „JuBi“ arbeiten vor allem Jugendliche, die auf dem Lehrstellenmarkt keine Chance haben. Sie erwerben dort handwerkliche Fähigkeiten – anhand von Segelflugzeugen.

Restaurieren mit 77 Jahre alten Plänen

Die Unterseite des Rumpfs war aufgerissen, die Steuerung funktionierte nicht mehr, die Flügel waren durchlöchert. In aufwendiger Kleinarbeit hat Jochen Gräbel gemeinsam mit den Jugendlichen das Holz-Flugzeug wieder instand gesetzt. Es  mussten Spannten gefertigt, die Flügel bespannt und eine neue Steuerung eingebaut werden. Grundlage waren Originalbaupläne aus dem Jahr 1937.  Pascal Volz, seit einem Jahr in der Produktionsschule, ist unheimlich stolz auf die Arbeit: „Ich habe viel gelernt in den vergangenen Monaten“.

Zusammenbauen für den Zulassungsflug

Die Einzelteile der generalüberholten GÖ-4 müssen bereits einen Tag vor dem Zulassungsflug auf dem Flugfeld bei Mölln zusammengebaut werden. Was bei modernen Segelflugzeugen 15 Minuten dauert, ist bei dem Oldtimer doch etwas aufwendiger. Jochen Gäbel und seine Schützlinge müssen beim Anbringen der Flügel immer wieder etwas rütteln, damit die  Befestigungsbolzen in die Halteringe rutschen. Nach gut einer Stunde ist alles erledigt. Nun muss nur noch der Prüfer vom Luftsportverbandes Schleswig-Holstein, Rainer Hüls, sein Okay geben.

„Fliegen mit einem Museum“

Alexander Willberg, erfahrener Pilot und Leiter der Produktionsschule, übernimmt den ersten Flug mit der frisch restaurierten Maschine. „Das ist für mich etwas ganz besonderes. Ich bin noch nie mit so einem alten Segelflugzeug geflogen. Ich weiß also auch nicht, wie es in der Luft reagiert. Ich bin sehr gespannt“. Wenige Minuten später steigt er in die Kabine und dann wird die GÖ-4 von einem Motorflugzeug auf 600 Meter Höhe geschleppt. Dann schwebt sie und kreist 15 Minuten über den Flugplatz. Nach der weichen Landung strahlt Alexander Willberg über das ganze Gesicht. „Das war toll. Das war wie Fliegen mit einem Museum. Sie ist zwar ein bisschen schwerfällig. Aber trotzdem, ich bin begeistert.“

Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Das-fliegende-Museum-von-Moelln,segelflugzeug132.html